ZitatAuf holprigen Schienenwegen Die Lausitz wird ab 2013 an das Leipziger S-Bahn-Netz angeschlossen. Die Bahn-Tochter S-Bahn Mitteldeutschland GmbH fährt dann bis ins 150 Kilometer entfernte Hoyerswerda (Kreis Bautzen). Diese Meldung stammt vom Februar dieses Jahres. Die RUNDSCHAU ist der Frage nachgegangen, was hinter dieser Ankündigung steckt.
Die Entscheidung: Im September 2010 erteilte ein Gremium von sechs Aufgabenträgern (Verkehrsverbünde) aus vier Bundesländern offiziell den Zuschlag für das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz an die DB Regio-Tochter S-Bahn Mitteldeutschland GmbH. »Damit ist ab Dezember 2013 der Nahverkehr im gesamten mitteldeutschen Ballungsraum über zwölf Jahre gesichert«, teilte die Bahn damals mit.
Geschäftsführer Andreas Glowienka vom Zweckverband Nahverkehr Leipzig (ZVNL) erklärte im Verkehrsmagazin »nah dran« unumwunden: »Gewichtigstes Kriterium bei dieser Ausschreibung war der Preis und da hatte der Gewinner in der Tat mit Abstand die Nase vorn. Da können bessere Konzepte leider nur zu einem Teil berücksichtigt werden.«
In diesem Zusammenhang sind Aussagen von Bahnvorstand Ulrich Homburg interessant. Er wurde im Jahr 2009 von der »Mitteldeutschen Zeitung« beim Thema S-Bahn Leipzig mit Vorwürfen an die privaten Mitbewerber zitiert, sie betrieben Lohndumping. Ihre Tarife lägen rund 40 Prozent unter denen der DB.
Die Tarife: Die Homburg-Aussage befremdet Frank Nachtigall, Bezirksvorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL für Berlin, Sachsen und Brandenburg. Denn, so Nachtigall, die Bahn treibe dasselbe Spiel - auch im Falle der S-Bahn Mitteldeutschland GmbH. Tochtergesellschaften würden gegründet, »um mit deutlich niedrigeren Löhnen gegenüber den normalen Bahntarifen Ausschreibungen zu gewinnen und Gewinne zu sichern«. Im Durchschnitt lägen die Tarifunterschiede bei 20 Prozent, was »durchaus einige Hundert Euro weniger« für die bei den Töchtern beschäftigten Eisenbahner ausmachen könne, so der Gewerkschafter.
Deshalb, so Nachtigall, sei ein Flächentarifvertrag für alle Lokführer in Deutschland auf der »Grundlage des DB-Tarifs mit allen Zuschlägen« unabdingbar. Genau darum gehe es in der aktuellen Tarifauseinandersetzung. Und dewegen sei auch ein Streik legitim.
Die Kosten: Von der Vergabe des Streckennetzes an die Bahn-Tochter profitieren auch die beteiligten Verkehrsverbünde. Allein der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) macht etwa 500 000 Euro pro Jahr gut, wie VBB-Sprecherin Elke Krokowski bestätigt. Diese Summe zusätzlich bedeute für den VBB mehr finanzielle Möglichkeiten zur Verbesserung des Regionalverkehrs zwischen Berlin und Potsdam - auf Kosten des Verkehrs in Südbrandenburg.
Der Verbindungstakt: Nach Angaben des VBB werden die Züge der Leipziger S-Bahnlinie Nr. 4 zwischen Hoyerswerda - Ruhland - Falkenberg/Elster und Leipzig auch künftig lediglich alle zwei Stunden direkt von und nach der sächsischen Metropole verkehren - so, wie jetzt auch. »Aber die Qualität wird sich verbessern«, sagt die VBB-Sprecherin. Sie verweist dabei auf den Einsatz der neuen Triebwagen »Talent 2« aus Hennigsdorf.
Die Fahrzeugflotte: Das Problem ist allerdings, dass die neuen Triebzüge schon seit Dezember 2009 zwischen Cottbus und Leipzig sowie anderen Städten unterwegs sein sollten. Aber das Eisenbahnbundesamt verweigerte die Zulassung wegen technischer Mängel. 80 Züge sind nach Angaben von Bombardier schon produziert. Laut Bundesverkehrsministerium sollen sie ab Frühjahr ausgeliefert werden. mue1
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Der noch im Bau befindliche Leipziger City-Tunnel ist der Dreh- und Angelpunkt für die S-Bahn-Verbindung in die Lausitz. Seine rund 1500 Meter langen Gleise verbinden den Hauptbahnhof mit dem Bayerischen Bahnhof. Über den Tunnel soll das weit gefasste Umland von Wurzen, Bitterfeld, Delitzsch, Halle, Oschatz, Altenburg, Zwickau, den internationalen Flughafen bis nach Hoyerswerda, Ruhland und Falkenberg/Elster im Süden Brandenburgs mit dem Zentrum Leipzigs verbinden. Durch den City Tunnel sollen zwölf Züge pro Stunde und Richtung rollen. Der Tunnel sollte ursprünglich 2009 betriebsbereit sein, dann 2011. Nun wird 2013 angepeilt. Dann soll die neue Leipziger S-Bahn starten. Die Kosten des Jahrhundertbauprojekts laufen derweil aus dem Ruder. Ursprünglich geplant waren 572 Millionen Euro. Aktuelle Schätzungen gehen von fast einer Milliarde Euro aus. mue1