Pressemitteilung der Lausitzer Rundschau am 09.12.11:
ZitatDie Spreewaldbahn ist zu Hause
Lübbenau: Die Spreewaldbahn hat mit der Lok Nr. 995703 und dem Pack- und Personenwagen im neuen Anbau des Spreewald-Museums am Topfmarkt ihre Heimstätte gefunden. Im Jahr 1898 war sie erstmals auf Fahrt gegangen. 1970 wurde der Betrieb eingestellt.
Donnerstagmorgen am Spreewald-Museum. Der acht Tonnen schwere Waggon der Spreewaldbahn soll auf eine meterhohe Ponton-Konstruktion vor dem Museums-Anbau gehievt werden. Ein ums andere Mal nimmt der Fahrer des 160-Tonnen-Krans Anlauf. „Der Waggon auf dem Unterbau muss in der Waage sein“, erklärt Frank Jurisch, Geschäftsführer von Tief- und Wasserbau Boblitz. Beobachterin dieser Aktion ist Elsbeth Zimmermann. Die 75-jährige Altenpflegerin erinnert sich: „Die Älteren haben mir erzählt, wie die Frauen in ihren breiten Röcken damals mit Kiepen in Straupitz und Lübben in die Spreewaldbahn gestiegen sind. Dass sie nun hierher kommt, ist gut für Lübbenau.“ Thomas Polten von der Boblitzer Firma hilft unterdessen, mit einem Seil die Fracht waagerecht zu halten. Nach Stunden und etlichen Versuchen gelingt es um 9.30 Uhr, den Waggon hochzuheben, ihn zu drehen, damit er mit einer Seilwinde in die obere Etage des Anbaus gezogen werden kann. Die Zuschauer belohnen die schindernden Männer mit Beifall.
Hans-Joachim Nemitz erinnert sich daran, dass es mal Bestrebungen gab, die Bahn wieder aufleben zu lassen. „Die Spreewaldbahn hat die gleiche Spurbreite wie die Cottbuser Straßenbahn. Wäre das nicht toll, könnten Besucher dort in die Bahn steigen und bis in den Spreewald fahren?“, orakelt der 68-Jährige. Stattdessen hat die Bahn 35 Jahre in einer Halle am Schlosspark zugebracht und stand zuletzt in einer alten Produktionshalle.
Es ist fast Mittag. Die Lok auf dem Tieflader wird mit Seilen am Kranausleger befestigt. Sie muss nur im Erdgeschoss des Anbaus auf Spur gebracht werden.
Bei den Zaungästen klicken die Fotoapparate. Dem ehemaligen Lokführer Willi Richter ist die Freude ins Gesicht geschrieben. Er gehört zu denen, die an ihren Ruhetagen in den 1970er-Jahren die Bahn gepflegt haben, nachdem der damalige Museumsdirektor Gerhard Krüger die Bahn vor der Verschrottung gerettet hatte. „740 Stunden waren wir beschäftigt“, weiß er noch. Froh sei er darüber, „dass der Nachwelt nun gezeigt werden kann, wie das mal im Spreewald war“. Ernst Kohl hat die Bahn unter Dampf stehen sehen. „Mein Onkel, der Sattlermeister Max Richter, hatte damals gesagt, die Bahn wäre nicht gut für Lübbenau, weil viele, die bis dahin mit dem Kahn nach Lübbenau fuhren, nach und nach auf die Bahn umgestiegen sind.“ Der Finsterwalder Roland Wilke ist gar mit der Spreewaldbahn gefahren. „Als Schüler, von Cottbus nach Goyatz“, sagt er.
Schon bewegt sich die Lok, auf ihr Museums-Gleis. 13 Uhr. Die Seile lockern sich. Beifall. Bürgermeister Helmut Wenzel empfindet Genugtuung, auch, weil seine Stadt ein Viertel aller Kosten von insgesamt rund 850 000 Euro für den Museumsumbau übernimmt. Museumsdirektor Stefan Heinz strahlt und sagt: „Jetzt ist sie drin, und da lassen wir sie nicht mehr raus.“
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HintergrundAuf 85 Kilometern fuhr die Spreewaldbahn zwischen 1898 und 1970 als Personen- und Gütertransport zwischen Cottbus, Burg, Straupitz, Lieberose, Goyatz und Lübben. Elf Bahnhofsgebäude gab es auf dieser Strecke. Neben acht Dampfloks standen insgesamt 140 Güter- und 40 Reisezugwagen zur Verfügung. Letzter Zugführer war am 3. Januar 1970 Werner Jarik von Cottbus nach Straupitz.